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Wie ist es um die derzeitige Wohnraumsituation in Osnabrück gestellt?

adminwp

In den Medien ist allgegenwärtig, dass bezahlbarer Wohnraum bundesweit knapp wird und die Mieten steigen. Doch wie sieht es ganz konkret in Osnabrück aus? Als Datengrundlage dient im Folgenden die 2015 veröffentlichte Studie Wohnraumversorgungskonzept für die Stadt Osnabrück des Instituts für Wohnungswesen, Immobilienwirtschaft, Stadt- und Regionalentwicklung, die von der Stadt Osnabrück in Auftrag gegeben wurde. Dort wird die Wohnraumsituation wie folgt zusammengefasst:

Die Auswertung des durchschnittlichen Haushaltseinkommens im Vergleich mit Niedersachsen zeigt, dass der Anteil der Haushalte mit einem monatlichen Nettoeinkommen bis unter 2.000 Euro/Monat in Osnabrück überdurchschnittlich hoch ist. Etwa jeder zweite Haushalt ist dieser Haushaltsklasse zuzuordnen. Die unterste Einkommensklasse (bis unter 1.100 Euro/Monat) liegt in Osnabrück sogar ca. 8,5 Prozent über dem Landesdurchschnitt. Die Einkommensverteilung demonstriert einen Bedarf nach preiswertem Wohnraum.

Am Wohnungsmarkt herrscht entsprechend ein großer Nachfragedruck nach Wohnungen in der unteren Preiskategorie. Waren 2010 noch über ein Drittel der Wohnangebote für 5,30 Euro/m2 zu bekommen, sind es 2014 nur noch 9 Prozent. In fast allen Stadtteilen haben sich deutliche Mietpreissteigerungen, größtenteils zwischen ein und zwei Euro pro Quadratmeter über den Zeitraum der letzten fünf Jahre vollzogen. Bei einer 70m2 Wohnung wären also bis zu 1680€ mehr im Jahr aufzuwenden. Hinzu kommt, dass in den kommenden Jahren bei zahlreichen Wohnungen die Sozialbindung ausläuft. 2015 gab es in Osnabrück 2034 Wohnungen mit Bindung (2,7% aller Wohnungen), 2022 wird der Bestand auf 570 Wohnungen abschmelzen.

Der Wohnungsbestand in Osnabrück ist mit über 92 Prozent im Eigentum von Privatpersonen bzw. Eigentümergemeinschaften. Lediglich 2,1 Prozent der Wohnungen auf dem Wohnungsmarkt gehören Wohnungsgenossenschaften; weitere 3,3 Prozent der Wohnungen sind im Eigentum von Wohnungsunternehmen. Ein kommunales Wohnungsunternehmen gibt es in Osnabrück nicht mehr, nachdem die Bestände an die NILEG, später GAGFAH, verkauft wurden. Bis 2002 befanden sich durch die Osnabrücker Wohnungsbaugesellschaft (OWG) noch 3.700 Wohnungen in städtischer Hand. Die damalige CDU/FDP-Mehrheit im Rat setze jedoch eine Privatisierung durch.

Nicht nur die Mieten sind gestiegen, sondern auch die Preise für Wohneigentum. Der durchschnittliche Kaufpreis für Ein- und Zweifamilienhäuser ist seit 2007 um ca. 43 Prozent angestiegen und liegt im Jahr 2013 bei 321.000 Euro. Die Preisentwicklung bei Eigentumswohnungen zeigt einen konstanten Anstieg über die Jahre und eine Preissteigerung von insgesamt ca. 63 Prozent. Diese Entwicklung wirkt auch negativ auf die Mietpreise zurück.

Laut der städtischen Bevölkerungsprognose aus dem Jahr 2013 wird ein weiterer Anstieg der Einwohner*innenzahl bis 2024 auf 165.404 (+3,1 % gegenüber 2014) Einwohner*innen vorausgesagt. Aktuelle Prognosen des Einwohnermelderegisters der Stadt Osnabrück sagen sogar einen Zuwachs bis auf 172.244 im Jahr 2023 voraus. Da zudem eine Veränderung der Lebensstile und Familienformen hin zu steigendem Heiratsalter, Trend zu Singlehaushalten sowie höhere Scheidungsrate festzustellen ist, wird weiterer Wohnraum benötigt. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass sich das Wohnungsangebot durch den Abgang von Wohnungen aufgrund von Abrissen, Wohnungszusammenlegungen und Umwidmung von Wohn- in Gewerberäume verringert.

Das Institut für Wohnungswesen, Immobilienwirtschaft, Stadt- und Regionalentwicklung kommt daher zu folgendem Fazit:

„Stellt man die Summe der als preiswert definierten Wohnungen der Summe der Haushalte mit Niedrigeinkommen gegenüber, lässt sich eine Versorgungsquote ermitteln, die aktuell 36,2 Prozent beträgt. Dementsprechend müssen sich fast zwei Drittel der Haushalte mit Niedrigeinkommensbezug derzeit am freien Markt versorgen. […] Als Ergebnis der Fortschreibung der genannten Annahmen kann für das Jahr 2020 eine Versorgungsquote von 30 Prozent ermittelt werden. Dementsprechend verschlechtert sich die Quote um sechs Prozent. […]

Am Markt für preisgünstigen Wohnraum zeigen sich [also] starke Engpässe, so dass eine Steigerung der Angebotsquote wünschenswert wäre, um den Markt zu entspannen. Würde man das Ziel verfolgen, die Versorgungsquote nur um drei Prozent anzuheben, so müssten bis zum Jahr 2020 bereits 1.520 preisgünstige Wohnungen in Neubau und Bestand geschaffen werden. […] Die recht niedrige Versorgungsquote wird durch die Aussagen der lokalen Marktakteure bekräftigt, welche ausnahmslos ein Fehlen von bezahlbarem bzw. gebundenem Wohnraum in Osnabrück feststellen. Transferempfänger treten vermehrt als wohnungssuchend bei den Wohnungsunternehmen auf, welches belegt dass sie sich mittlerweile hauptsächlich am freien Markt mit Wohnraum versorgen müssen. Besondere Engpässe gibt es bei kleinen Wohnungen mit ein bis zwei Zimmern in zentrumsnaher Lage. Zudem sind die preiswerten, kleinen Wohnungen hart umkämpft, da die vielen Studierenden mit den Leistungsempfängern und Geringverdienern konkurrieren, dabei aber oft aufgrund von Vermieterpräferenzen bevorzugt werden. Insbesondere Leistungsempfänger nach SGB II haben bei der Wohnungssuche oft mit Vorurteilen zu kämpfen und scheitern an den Präferenzen der Eigentümer. Aber nicht nur kleine Wohnungen fehlen am Markt – lokale Marktexperten sehen auch das Angebot an bezahlbaren Wohnungen für Familien als zu knapp“ (S.61ff.)

Dass der offensichtlich benötigte Wohnraum nicht von privaten Investoren bereitgestellt wird, ist selbst der Stadt klar. So heißt es in der Mitteilungsvorlage des Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt vom 16.04.2018: „Die allgemeinen Förderbedingungen für die Schaffung sozialen Wohnraums sind so wenig attraktiv, dass die Umsetzung dieses Anliegens in der Stadt Osnabrück – wenn nicht mit einer eigenen Förderung – im Wesentlichen nur durch konsequentes Handeln bei der Baulandentwicklung möglich ist. […] Zurzeit ist noch nicht eindeutig erkennbar, ob die Bereitschaft der Marktakteure zur Umsetzung des Handlungsprogramms Bezahlbarer Wohnraum groß genug ist, die städtischen Ziele quantitativ wie qualitativ zu erreichen.“

Übersetzt bedeutet dies also, mit sozialem Wohnungsbau lässt sich kein Geld verdienen, weshalb private Investoren kein Interesse daran haben. Noch plakativer lässt sich ein eben solcher Investor am 14.08.2018 im Artikel Wer bauen will, muss Konzepte liefern der NOZ zitieren: „Dann lege ich mein Geld lieber in Aktien an.“

Hier wird noch einmal sehr deutlich, dass Wohnraum von privaten Investor*innen überhaupt nur dann errichtet wird, wenn sich die Eigentümer*innen von diesem Wohnraum einen möglichst hohen Gewinn in Form von Miete versprechen. Ein weiteres Indiz dafür, dass es grundsätzlich keine gute Idee ist, die Herstellung und Verteilung von Dingen dem Markt zu überlassen. Dort geht es nicht darum Bedürfnisse zu befriedigen, sondern um Profit zu erwirtschaften. Eine kommunale Wohnungsgesellschaft könnte hier Linderung versprechen.

 

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